Katalin Hankovszky – und eine Fallbeschreibung von Harry Korman

Eine der hervorragenden Eigenschaften des lösungsfokussierten Ansatzes ist es, dass wir unsere Gesprächspartner:innen ernst nehmen können und im Gesprächsverlauf darauf bauen können, was sie als ihre angestrebte Wirklichkeit beschreiben.


Meine persönlichen Erfahrungen stammen aus dem Bereich des Coachings und weiss, dass auch da nicht selbstverständlich ist, dass wir als Coaches das Gesagte akzeptieren und nicht in Frage stellen (was ist das „eigentliche Ziel“, fragen zum Beispiel andere Coaches, oder „Menschen mit ADHD sagen so etwas weil sie… und eigentlich …“), sondern als Wunsch weiter zur Entfaltung bringen.

Da wir auf alltagshandlungsrelevante Unterschiede hin arbeiten, das heisst, bei jeder angestrebten Veränderung deren erhoffte Auswirkung im Leben und in den Kontakten unserer Kund:innen detaillieren möchten, können wir von vielen verschiedenen Ausgangspunkten starten, also auch von dort aus, was auch immer unsere Kund:in einbringt. Wir müssen den Ausgangspunkt, die erste Antwort nicht bewerten (ist die erste Idee die Beste? Oder eben nicht?), sondern weiter „strecken“ – ein Wort, das Mark McKergow in seinem Buch für die neugierige Arbeit der Praktiker:in verwendet.

So erweisen sich viele Beschreibungen, die wir am Anfang eines Gespräches erhalten, als Mittel zum Zweck, einfach, weil wir im Verlauf dran geblieben sind.

Die „Technik“ in der Interaktion also ist es, wenn Kund:in sich x wünscht, Neugier zu zeigen, welchen positiven Unterschied x denn für die Kund:in bringen würde. Und welchen noch, und wer noch würde daraus etwas positives wahrnehmen können. Ein solches „ernst nehmen“ können wir jeder Zeit in einem Dialog praktizieren: in der Phase, wenn wir ein gemeinsames Projekt vereinbaren, Ziel klären, oder auch wenn mitten in einer Beschreibung ein Wunsch geäussert wird: „Also nehmen wir mal an, x, wie wären dann die Dinge anders in deinem Leben / am nächsten Tag im Büro“ – oder wo auch immer wir im Gespräch uns befinden.

Inspirierend fand ich aus dem therapeutischen Bereich das Beispiel, welches ich von Harry Korman (sikt.se) in einer mündlichen Mitteilung kennen lernen durfte. Die Ausgangssituation ist so besonders, dass viele Helfende sich beleidigt fühlen könnten: Der Kunde kam „nur“, um auch in dieser Therapie erfolglos zu sein. Von hier aus ein nützliches Gespräch zu ermöglichen – dazu brauchte es die Konsequenz von Harry Korman, und ein gutes Verständnis von „means and ends“, Mittel und Ende/Zweck. Wenn wir den von Insoo Kim Berg stammenden vielzitierten Satz „Beginne mit dem Ende im Sinn“ so verstehen: was auch immer unsere Kund:innen sich wünschen, sollen wir erfragen, zu was Gutem das für sie führen würde – was ist also das „Ende“, der Zweck ihres Wunsches. Wie ein Kollege zu sagen pflegt: das Ziel ihres Ziels. So entfaltete sich ein Gespräch zwischen Harry und John, dem Helden des Beispiels und erwies sich als Wendepunkt in einem Leben.

Ich bat Harry, den Fall schriftlich festzuhalten und teile ihn nun in deutscher Übersetzung erstmalig hier:

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